Stellungnahme zu "Rolli auf Trab"
Stellungnahme der Stadt Hessisch Lichtenau zur Anfrage des Hessischen Rundfunks
An die Stadtverwaltung wurde mehrfach der Wunsch herangetragen, die komplette Stellungnahme zu der Thematik einsehen zu können. Dem kommen wir gerne nach und stellen Ihnen die komplette Antwort auf die Anfrage des Hessischen Rundfunks gerne zur Verfügung.
"Nach unserer Kenntnis wird die Stadt Hessisch Lichtenau den Pachtvertrag mit Frau Glöckler kündigen, um die Fläche als Gewerbegebiet zu entwickeln. Frau Glöckler sagt, das mache ihren bisherigen Betrieb unmöglich und sei wohl das Ende der Einrichtung."
Die Ausweisung eines Gewerbegebietes ist nicht geplant, da die Flächen bereits seit dem Jahr 1999 als Gewerbeflächen ausgewiesen sind. Dies war und ist Frau Glöckler bereits seit dem Abschluss der „Risikopachtverträge“ im Jahr 2016 bekannt. Die zwei betreffenden Verträge waren seinerzeit nur für die vorübergehende Nutzung durch Frau Glöckler vorgesehen. Dies ergibt sich aus den die Kündigung betreffenden Vertragsinhalte.
Ein Vertrag kann durch die Stadt vorzeitig und ohne Entschädigung an Frau Glöckler gekündigt werden, sollte die Stadt die Flächen veräußern oder selbst benötigen. Der zweite Vertrag gilt für eine Gewerbe- sowie eine Ausgleichsfläche. Dieser endet binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Planung, sollte das Grundstück als Gewerbegrundstück verkauft werden bzw. im Falle der Ausgleichsfläche, wenn das Grundstück konkret mit Bepflanzung beplant wird. Beide Verträge verlängern sich automatisch um jeweils ein Jahr, sollte keine Kündigung erfolgen.
Diese Fristen sind spätestens seit dem Vertragsabschluss allen Beteiligten gleichermaßen bekannt und unterstreichen das Interesse der Stadt an einer lediglich vorübergehenden Nutzung.
"Trifft es zu, dass die Stadt den Pachtvertrag kündigen wird/gekündigt hat? Falls ja, wie ist diese Entscheidung zustande gekommen und wie wird sie begründet?"
Kündigungen sind nicht ausgesprochen worden. Im Rahmen von zwei gemeinsamen Terminen, die im Dezember 2023 und September 2024 stattgefunden hatten, wurde Frau Glöckler seitens der Verwaltung vorsorglich darauf hingewiesen, dass es in Hessisch Lichtenau reges Interesse an Gewerbeflächen gibt. Zudem wurde ihr mitgeteilt, dass die von ihr gepachteten Flächen zu den letzten verfügbaren Gewerbeflächen der Stadt zählen. Aus unserer Sicht ist es nicht vertretbar und der Bevölkerung gegenüber nicht vermittelbar, dass Gewerbeflächen in der Größe von rund 15.000 Quadratmetern nicht als solche genutzt werden. Durch die Entwicklung von Gewerbeflächen lassen sich perspektivisch Erträge aus der Gewerbesteuer sowie idealerweise auch neue Arbeitsplätze generieren. Auf Grundlage der bestehenden „Risikopachtverträge“ erzielt die Stadt für die beiden Gewerbeflächen jährliche Pachteinnahmen in Höhe von 60,00 EUR und 27,10 EUR, welche im Übrigen die anfallenden Grundstückskosten wie beispielsweise die anfallende Grundsteuer nicht ansatzweise decken. Für die beiden Gewerbeflächen ist ab dem Jahr 2025 unter Berücksichtigung des angepassten Hebesatzes Grundsteuer B in Höhe von 1.978,80 EUR zu entrichten. Aus diesen Gründen wird ein dringender Handlungsbedarf erkannt.
"Was verspricht sich die Stadt ggf. vom Weiterverkauf der Fläche?"
Mit einer Veräußerung der Flächen wird der politische Wille nach gewerblichen Ansiedlungen innerhalb des betreffenden Areals vollzogen, welcher sich in der Ausgestaltung und Beschlussfassung über den Bebauungsplan äußert. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, stehen die öffentlichen Haushalte in finanzieller Hinsicht unter enormem Druck. Diesem Druck sind die Kommunen und somit auch die Stadt Hessisch Lichtenau gleichermaßen ausgesetzt. Um die kommunale Aufgabenerfüllung in Bereichen wie beispielsweise der Kinderbetreuung oder dem Brandschutz weiterhin im gewohnten Maße sicherstellen zu können und dabei die Bevölkerung keinen finanziellen Belastungen über Maß aussetzen zu müssen, sind alle Möglichkeiten der Einnahmenbeschaffung auszuschöpfen. Mit dem Verkauf der betreffenden Gewerbeflächen ließen sich Einnahmen in Höhe von rund 424.000 EUR generieren. Der von Frau Glöckler genannte Kaufpreis in Höhe einer „Dreiviertelmillion“ / 750.000 EUR ist falsch. Im Übrigen wird an dieser Stelle erneut auf die Möglichkeit der Generierung von Erträgen aus der Gewerbesteuer verwiesen.
"Frau Glöckler sagt, sie könne den geforderten Kaufpreis nicht aufbringen. Können Sie ihr entgegen kommen? Falls ja, wie, falls nein, warum nicht?"
Die Stadtverordnetenversammlung hat für die im Bereich des Bebauungsplanes liegenden Flächen per Beschluss einen verbindlichen Verkaufspreis von 28,00 EUR je Quadratmeter festgelegt. Eine Abweichung obliegt eben dieser. Im Allgemeinen ist der Gleichheitsgrundsatz zu wahren.
"Wie bewerten Sie die Einrichtung von Frau Glöckler, handelt es sich prinzipiell um eine erhaltenswerte inklusive Einrichtung mit einem Angebot besonders für Menschen mit Behinderungen? Können Sie alternative Weideflächen anbieten oder vermitteln?"
Die Einrichtung von Frau Glöckler ist unbestritten ein sozial wertvolles Angebot. Unseres Wissens nach sind alternative Weideflächen in der Nähe vorhanden und Frau Glöckler auch bekannt.
"Wie begründen Sie die Abwägung zwischen der Einrichtung und ggf. einem neuen Gewerbegebiet offenbar zugunsten letzteres?"
Hierzu wird auf die vorherigen Ausführungen verwiesen. Das Gewerbegebiet existiert gemäß rechtskräftigem Bebauungsplan Nr. I/22 A „Im Senkefeld“ bereits seit dem Jahr 1999. Im Übrigen schließt der Bebauungsplan Anlagen für soziale Zwecke in seinem Geltungsbereich ausdrücklich aus.
"Was sagen Sie zu dem Vorwurf, mit der Kündigung des Pachtvertrages auch die wirtschaftliche Existenz von Frau Glöckler, die die Reitschule als Einzelunternehmen führe, zu entziehen?"
Wir bitten um Verständnis, dass uns eine Aussage zur wirtschaftlichen Lage und Existenzgrundlage des Unternehmens von Frau Glöckler nicht zusteht. Wir möchten jedoch betonen, dass Frau Glöckler bereits mit dem Abschluss der „Risikopachtverträge“ im Jahr 2016 über die angestrebte Nutzung der Gewerbeflächen sowie die aus den Vertragslaufzeiten sowie Kündigungsregelungen begründeten Risiken ausreichend informiert war.
Bereits im Jahr 2019 hat der vorherige Bürgermeister gegenüber Frau Glöckler nochmals auf die kurzen Kündigungsfristen hingewiesen und in dem Zuge vor weiteren Investitionen auf den betreffenden Flächen gewarnt, da im Falle einer bevorstehenden Gewerbeansiedlung ein kurzfristiger Rückbau von Bauwerken auf eigene Kosten erfolgen müsste. Dieser gut gemeinte Hinweis wurde durch Frau Glöckler mit der Errichtung eines Longierzeltes offensichtlich ignoriert. Daneben hatte der vorherige Bürgermeister Frau Glöckler mitgeteilt, dass man weiterhin an dem Ziel der gewerblichen Nutzung der Flächen festhalten werde und man die Flächen Betrieben anbiete, welche den Status eines Gewerbegebietes baurechtlich benötigen.